Galerie der Reisenden Blätter

Ausstellung 11.- 26. Juni 2022
Kunstwerkstatt Tulln

Objekt, Video, Fotografie, Performance

Angela Andorrer sammelt auf Wanderungen Blätter und verfremdet diese künstlerisch, mit Farbe, Garn und Perlen zu Blatt – Objekten. Die „Blattscapes“ nimmt sie mit auf Wanderungen und Reisen und porträtiert diese filmisch und fotografisch vor wechselnden Landschaftskulissen – Landschaft in der Landschaft, Mikrokosmos im Makrokosmos.

Vernissage: Freitag, 10. Juni 2022, 19:00
Begrüßung: Peter Höckner (Stadtrat für Kultur, Tulln)
Moderation: Maria Christine Holter (Kunsthistorikerin, Kuratorin, Artists for Future)
Performance: „Cantus Klima“ mit Valerie Pauss (Kunsthistorikerin) und XR Extinction Rebellion Wien
Öffnungszeiten: Samstags und Sonntags 14:00- 18:00
Adresse: Albrechtsgasse18, A- 3430 Tulln

Eine zeitlose und zugleich topaktuelle Kunst, sinnlich und voller Bezüge, wo die Natur nicht nur eine Metapher ist (für das Leben, das Werden und Vergehen), sondern in erster Linie sie selbst bleibt.

 Claudia AIGNER, in: Die Blätter sind echt angefressen, Wiener Zeitung

Angela Andorrer sammelt in der Natur Blätter und trocknet, presst und konserviert diese, indem sie auf der Rückseite eine Gummischicht aufträgt. Die durch die Gummierung haut- oder lederartig gewordenen Blätter bearbeitet sie mit Acryl, Ölkreide, Garn und Perlen. Die äußeren Formen der Blätter erinnern an Inseln und geologische Formationen. Besonders inspirieren die Künstlerin von Schnecken, Raupen und Käfern zerfressene Blätter. Wenn ein Blatt an einer dünnen Stellebricht, näht sie es wieder zusammen, ähnlich wie bei einemchirurgischen Eingriff. Gebrochene Äste werden geschient, gerissene Häute genäht. Die Künstlerin spricht über den Prozess als eine Art “Heilen der Natur“. Der meditative Prozess des Stickens ist eine heutzutage kaum mehr ausgeübte Tätigkeit und doch Teil unserer Herkunft.

Anschließend nimmt Andorrer kleine Blattscapes mit auf Wanderungen und porträtiert sie  fotografisch vor wechselnden Landschaftskulissen. Aspekte des Filmischen, der Bewegung in der Natur und der Achtsamkeit werden Teil der Arbeit. Die entwurzelten und geschmückten Blätter erfahren eine Relokalisierung. Auf den Videos wirken die dem Wind, Schnee und der Witterung ausgesetzten Blattobjekte wundersam stabil in ihrer Zerbrechlichkeit.

Galerie der Reisenden Blätter, Andorrer 2021

Sehen wir anfänglich noch recht buntfarbige ornamentale Gestaltungen mit der Ölfarbe, die wie stark farbige Tattoos die Blätter verfremden, so werden die hinzugefügten Formen und Farben später reduzierter und die Stickereien mit Faden und Schmuckakzentuierter. Sie unterstreichen die natürlichen Besonderheiten eines jeden Blattes auf einfühlsamste Weise – einfühlsame und heilsame Weise, möchte man fast sagen, denn um die Verletzungen der Blätter kümmert sich die Künstlerin besonders liebevoll: Sie schient, unterstützt, bewahrt heilend vor dem Verfall, dem unwiederbringlichen Verlust der fragilen Geschöpfe.

Maria Christine HOLTER, Kunsthistorikerin, Kuratorin, Artists for Future Austria

Die fertigen Blattscapes werden in Objektkästen, hinter Glas, auf Distanzhaltern zur Schau gestellt, ähnlich zerbrechlichen Käfern oder Schmetterlingen in naturgeschichtlichen Sammlungen oder Reliquien und Klosterarbeiten, die meist ebenfalls mit Perlen und Garnen geschmückt und bestickt sind.

Nicht selten erinnern die Fäden, die sich über das Blatt spannen, sich überkreuzen und verzweigen, an die Straßen und Wege einer Landkarte. In hölzerne Kästen wie schwebend vor weißem Hintergrund montiert, entfalten diese Kunstwerke ein wunderbares Eigenleben.

Achim GNANN, Kunsthistoriker und Kurator, Albertina Wien

Die Blatt-Objekte werden in eine Performance eingebunden:
„Cantus Klima“ ist als strenger, repetitiver Sprechgesang konzipiert, der sich formal zwischen Klimademonstration und Prozession bewegt. Die gesichtslose Predigerfigur hält mahnend eine Blattreliquie und zitiert gebetsartige Forderungen zur Klimathematik. Das Publikum ist eingeladen in den Chor einzustimmen:

We change our way of life
to protect our children.
We must make friends with nature
‚cause nature makes the climate
on which we depend

(Cantus Kima, Ausschnitt, Refrain).

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