mit Unterstützung der Kulturförderung des 3. Bezirks Wien

Andorrer & Cerha
Sleeping Leaves

AUSSTELLUNG

18. Juni – 31. August 2025
täglich 10 – 18 Uhr
Botanischer Garten der Universität Wien 
Kalthaus / Zugang über Mechelgasse 2, 1030 Wien

Die Ausstellung und Inszenierung „Sleeping Leaves“ erzählt von Blättern, von deren transformativer Kraft und von einer Klimaaktivistin namens Snow Witness, einstmals Schneewittchen. Die reichen Assoziations- und Bedeutungsräume der Natur, des Märchens und der Kunst öffnen den Geist für eine neue Vision der Zukunft.

PROGRAMM

VERNISSAGE 18. Juni 2025, 17:00
Grußworte: Krissa Skogen, Direktorin des Botanischen Gartens und Emma Dumani Kulturförderung 3. Bezirk
Sie ist noch nicht tot! Ein Klimamärchen Lesung mit Ruth CERHA
Einführung: Maria Christine HOLTER (Kunsthistorikerin, Kuratorin, Artists for Future Austria)
Weinverkostung Bio-Weingut Himmelbauer, Pulkautal

FÜHRUNG 25. Juni 2025, 16:30
Klimamärchen und Klimawandel im Botanischen Garten
Rundgang durch die Ausstellung und im Garten auf den Spuren des Klimawandels.
Mit David BRÖDERBAUER (Botanischer Garten der Universität Wien), Ruth CERHA (Schriftstellerin, Performerin) und Angela ANDORRER (Bildende Künstlerin)

PICKNICK 28. Juni 2025, 12:00
Gemeinsamer Rundgang durch die Ausstellung mit Maria Christine HOLTER und Angela ANDORRER. Im Anschluss offenes Treffen und Picknick mit den Artists for Future Austria

WORKSHOP in Kooperation mit der KinderuniWien
zwischen 15. und 17. Juli 2025, Dauer 3 Stunden – Info und Anmeldung hier
Wunderwelt der Blätter – Botanik trifft Kunst
mit Tanja BRUNNER (Botanischer Garten der Universität Wien) und Angela ANDORRER (Bildende Künstlerin)

FINISSAGE 31. August 2025, 16:00
Lesung, Beschwörung und Cantus Klima
Performance mit Angela ANDORRER (Bildende Künstlerin), Ruth CERHA (Schriftstellerin, Performerin) und den RED REBELS von XR EXTINCTION REBELLION

Oben: Skizze „Sleeping Leaves – ein Klimamärchen“, Kalthaus des Botanischen Gartens der Universität Wien



Blätter bilden die Lebensgrundlage für Mensch und Tier, denn sie produzieren mit Hilfe von Wasser und Sonnenlicht Sauerstoff. Ausgangspunkt und Grundmotiv von „Sleeping Leaves“ sind mehrere, bis zu 2 Meter große Blätter, die aus dem Botanischen Garten stammen. Im Moment höchster Schönheit festgehalten und künstlerisch mit Farbe, Faden und Perlen von Angela ANDORRER markiert und modifiziert, kehren die Blätter nun als „Blattscapes“ an ihren Ursprungsort zurück. Im Kalthaus werden sie in gläsernen Vitrinen ausgestellt und zum Sinnbild unseres gefährdeten Überlebens auf der Erde.


Ausgehend von der Schneewittchen-Metapher des gläsernen Sarges formt Ruth CERHA die zeitgenössische Erzählung des Klimamärchens „Sie ist noch nicht tot!“, in der die junge Klimaaktivistin ‚Snow Witness‘ die „G7“ als politisch Verantwortliche für ihre Versäumnisse in der Klimapolitik vor Gericht zur Rechenschaft zieht und nach einem Giftattentat, im Glassarg liegend und mit Blättern bedeckt, begleitet von einer vielstimmigen Beschwörung des Lebens, durch die Stadt getragen wird. Die aktuelle Realität wird uns schonungslos vor Augen geführt. Der Ausgang der Geschichte bleibt ungewiss.

Wie in einem Labyrinth bewegen sich die BesucherInnen durch schwebende Papierbahnen mit Textpassagen aus dem Klimamärchen und menschengroßen Blattkunstwerken, die Michael Wurmitzer, im Standard, als bezaubernd schön beschreibt. Der gläserne Ausstellungsraum wird zur Metapher des durchsichtigen Sarges und unseres Paralysiert-Seins angesichts des menschenverschuldeten Klimawandels.

„Sleeping Leaves – ein Klimamärchen“ wurde gemeinsam von der bildenden Künstlerin Angela ANDORRER (Projektleitung), der Schriftstellerin und Performerin Ruth CERHA und der Projektdesignerin Elisabeth KOPF für den Botanischen Garten der Universität Wien entwickelt. Die Kunsthistorikerin, Kuratorin und Artists for Future Gründerin Maria Christine HOLTER berät beim Rahmenprogramm, beim Ausstellungsaufbau, hält die Eröffnungsrede und moderiert eine Diskussion mit den drei Künstlerinnen.

Aus allen Elementen entsteht eine konzeptionelle Narration, die in Form eines Programmheftes ausliegt. Ausstellungsbegleitend gibt es ein Rahmenprogramm mit Diskussionen, Lesungen, ein Picknick, Führungen und Performances.

+++BREAKING NEWS+++G7 RECHTSKRÄFTIG VERURTEILT+++SNOW WITNESS NACH ATTENTAT IN LEBENSGEFAHR+++ Heute Mittag um 13:13 MEZ wurde am Internationalen Waldgerichtshof ein sensationelles und in der Geschichte einmaliges Urteil verkündet. Angeklagt waren die sogenannten G7, Klägerin war die neue Galionsfigur des Klimaschutzes Snow Witness, allgemein besser bekannt unter ihrem vormaligen Namen Snow White oder Schneewittchen – sie änderte ihren Namen schon zu Beginn ihres öffentlichen Engagements, „um in einem symbolischen Akt mit den Märchen aufzuräumen“, wie sie sagte. Jenen Märchen, die laut Anklageschrift seit Jahren der Bevölkerung erzählt wurden und damit sowohl das wahre Ausmaß des Klimawandels verschleierten als auch die Maßnahmen sowie deren Wirksamkeit, die vonseiten der Sieben Oberste Giganten bisher dagegen gesetzt wurden, beschönigten.
Ausschnitt aus dem Klimamärchen „Sie ist noch nicht tot!“ von Ruth CERHA

TEAM

Angela ANDORRER | www.andorrer.at
Projektleitung | Objekte, Installation
Geboren als Tochter eines Antarktis- und Marsforschers in Kanada. Sie studierte Kunst in Montreal, München und bei Kiki Smith. Seit 2000 unterhält sie eine aktive künstlerische Praxis, einschließlich der Teilnahme an der PARALLEL ART FAIR Vienna, der Liverpool Biennial of Contemporary Art, an der Biennale für Land Art in Andorra, bei kunstprojekteriem_public art in München, an Ausstellungen bei Kathrin Mulherin Art Projects in Toronto, bei <rotor> im Steirischen Herbst Graz und im MOCCA Museum of Contemporary Canadian Art, sowie Permanentskulpturen im Öffentlichen Raum. Zahlreiche Residencies und ein DAAD – Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes führten sie u.a. nach Los Angeles, Kopenhagen und Belgrad. Sie lebt und arbeitet in Wien und Klosterneuburg. Seit 2021 ist sie Mitglied des Künstlerhauses Wien und wird vertreten von der Galerie ARTECONT Wien.

Ruth CERHA | www.ruthcerha.com
Text, Programmbuch, Performance
Ruth Cerha wurde 1963 in Wien geboren. Nach einer klassischen musikalischen Ausbildung (Klavier, Violine, Tonsatz) studierte sie Psychologie, arbeitete mit verschiedenen Bands, komponierte fürs Theater und für Kunstprojekte. Seit 2005 schrieb und veröffentlichte sie einen Erzählband, vier Romane (zuletzt Traumrakete, FVA 2018), Gedichte, Kurzgeschichten sowie Texte über Kunst und Psychologie. In den letzten Jahren widmet sie sich vermehrt der freien musikalischen Improvisation und arbeitet interdisziplinär im Feld zwischen bildender Kunst, Literatur, Musik und Performance, u.a. mit Claudia Märzendorfer (Für die Vögel, 2019), Eva Wolfram-Ertl (Painted Music, 2021), Manu Tober (Licht der Menschheit, 2022), Florian Sedivy (Entpuppung und I am structure, 2022, Heimspiel, 2024), Edith Lettner und Christian Reiner (Urgent Poetry, 2024). Zur Zeit arbeitet sie an einem musikalischen Stationentheater (Die Nacht weiß nicht vom Tage, Uraufführung November 2025).

David BRÖDERBAUER
Botanischer Berater des Projektes
Botaniker und Schriftsteller, Stellvertretender Leiter des Botanischen Gartens und Initiator der Ausstellung. Nach dem Studium der Botanik und Forschungsaufenthalten in Costa Rica und China ist er mittlerweile für die Wissenschaftskommunikation im Botanischen Garten zuständig. Der Botanische Garten ist nicht nur ein Ort der Erforschung und Kultivierung von Pflanzen, sondern auch ein Ort der Begegnung du des gesellschaftlichen Diskurses.

Maria Christine Holter | www.mariaholter.at
Kuration, Moderation
Kunsthistorikerin, Kuratorin und Programmgestalterin für Gegenwartskunst. Diplomstudien an den Universitäten Wien und Berkeley, USA (Fulbright Stipendium), Praktikum am MoMA, New York. Gastkurationen und -programmgestaltungen für die Künstlerhaus Vereinigung Wien u.a. DE/CODING TEXTILE (2024), HUMAN_NATURE (2023), DAS BESSERE LEBEN (2017) BRENNENDE FRAGEN (2015), sowie ZEIT(LOSE) ZEICHEN. Gegenwartskunst in Referenz zu Otto Neurath (2012/13); freie Kurationen u.a. BRUCH SPUR ZEICHEN in Wien und NÖ (2018) sowie TIME(LESS SIGNS) im Austrian Cultural Forum London (2014). Daneben eigene Ausstellungs- und Veranstaltungsreihen wie FUNKENFLUG (2015-2019) und IN SITU. Zahlreiche Publikationen zur Gegenwartskunst, daneben Kunstkommunikation, Moderationen, Jurytätigkeit und Beratung.2019 Mitbegründerin von Artists For Future Austria (www.artistsforfuture.at), seither Tätigkeit im Organisationsteam und als Aktivistin

Elisabeth KOPF | elisabethkopf.com
Ideenentwicklung
Projekt- und Kommunikationsdesignerin, Künstlerin, Kuratorin, Lehrende. Lebt und arbeitet in Wien und Vorarlberg. In ihrem „Design Buero Baustelle“ arbeitet sie für AuftraggeberInnen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Kunst sowie für selbst-initiierte Projekte zu Themen des regenerativen Designs. Sie ist Mitglied der Alliance Graphique Internationale (AGI). 2018 entwickelte sie im Auftrag des Werkraum Bregenzerwald und gemeinsam mit der Biomimicry-Expertin Regina Rowland das Forschungs-, Bildungs- und Ausstellungsprojekt „Alphabet des Lebens – Lernwerkstatt Natur“, das naturbasierte Innovationen für ein breites Publikum präsentierte. Ein Folgeprojekt ist die „SOAK Biomimicry Sommerakademie“, die ein Programm des „Bündnis Nachhaltige Hochschulen“ ist. Seit 2004 unterrichtet die Autodidaktin an der Universität für angewandte Kunst Wien, wo sie das Lehr- und Lernexperiment „Babylon Design School“ ins Leben gerufen hat. Sie engagiert sich im UniNEtZ und für die UN-Agenda 2030.

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Blattscapes Objekte

Blätter, gepresst, konserviert, gummiert, bearbeitet mit Gouache, Acryl, Ölkreide, Garn, Perlen

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Angela Andorrer sammelt auf Wanderungen Blätter und verfremdet diese künstlerisch, mit Farbe, Garn und Perlen zu Blatt – Objekten. Die äußeren Formen der Blätter erinnern an Inseln und geologische Formationen.
Besonders inspirieren sie von Schnecken, Käfern oder Insekten zerfressene Blätter. Die fertigen Blattscapes werden in Objektkästen, hinter Glas, auf Distanzhaltern zur Schau gestellt, ähnlich zerbrechlichen Käfern oder Schmetterlingen in naturgeschichtlichen Sammlungen oder auch Reliquien und Klosterarbeiten.

Der Respekt vor der Schönheit und dem Urzustand des Naturobjektes hat Vorrang vor der künstlerischen Verfremdung. Häufig haben die Blätter Löcher, die mit roter Farbe umrandet werden und dann wie Wunden aussehen. Fäden laufen über diese Öffnungen, aber nicht um sie zu verschließen, sondern wie Spinnweben zu überspannen. Nicht selten erinnern die Fäden, die sich über das Blatt spannen, sich überkreuzen und verzweigen, an die Straßen und Wege einer Landkarte. In hölzerne Kästen wie schwebend vor weißem Hintergrund montiert, entfalten diese Kunstwerke ein wunderbares Eigenleben.
– ACHIM GNANN

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Blattscapes Ausstellungen

Auswahl an Ausstellungen mit Blattscapes

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Auf Wanderungen sammele ich Blätter, die ich presse und dann mit Farbe, Garn und Perlen zu Blatt künstlerisch verfremde. Die „Blattscapes“ porträtiere ich dann wiederum auf Wanderungen filmisch und fotografisch vor wechselnden Landschaftskulissen. Die „Galerie der Reisenden Blätter“ wird ausgestellt in Form von Großdrucken auf Büttenpapier, die im Raum schweben und die die BesucherInnen, wie eine echte Landschaft, quasi umfangen. Durch die Größe der Drucke werden neue Räume und Blickachsen gebildet. In Kombination mit den kleinen Original – Blattscapes entsteht ein Spiel mit Größen – Dimensionen. Landschaft in der Landschaft, Mikrokosmos im Makrokosmos.
– ANGELA ANDORRER

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Galerie der Reisenden Blätter

Filmstills
Pigmenprints auf Bütten
Edition of 10 / 16 : 9 (variable Größe)

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Eine Reisende ist sie. Und ist da sogar ein bissl wie Christoph Kolumbus. Denn eigentlich entdeckt sie unentwegt eine neue Welt, die sich in der alten verbirgt und streng genommen schon die ganze Zeit dagewesen ist.

Wenn die Blätter schließlich fertig sind, zu individuellen Charakteren herangereift (die einen sind malerischer, abstrakt expressiv, andere wieder monochrom, haben bizarre Formen oder sind in eine geometrische Fadenkonstruktion eingebunden, sind rationaler), geht sie mit ihnen auf Wanderschaft, die Andorrer. Macht sie zu „Reisenden Blättern“. Zu Touristen. Hält ihre „Blattscapes“ vor diverse Naturkulissen. Kleine Blätter in der großen, weiten Welt.
– CLAUDIA AIGNER

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Skins and Leaves

Im Zentrum der Arbeit von Angela Andorrer stehen Pflanzenblätter, die mit Produktion von Sauerstoff die Lebensgrundlage für Mensch und Tier bilden. Die Künstlerin stoppt den natürlichen Verfall von Blättern, presst und konserviert sie, und schmückt sie mit Farbe, Faden und Perlen. Diese Blattscapes sind autonome Kunstwerke und dienen auch als Aktions – Objekte in Fotografien, Videos und Performances.
In der fotografischen Werkserie „Skins and Leaves“ treten Blattscapes in einen hautnahen Dialog mit Menschen, die ihre Körper mit den geschmückten und verletzten Blättern bedecken.

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„Skins and Leaves“: Nackte Haut und künstlerisch gestaltete Blätter treten in einen lebendigen Dialog. Das eine trägt das andere als Schmuck, als zweite Haut, als Tarnung. Ein weibliches Gesicht spechtelt scheu aus der Deckung heraus. Die einfühlsame Fotoserie zeigt den Menschen als Teil der verletzlichen Natur. Auch der Städter kann sich nicht aus der Affäre ziehen, so tun, als gingen ihn die Abholzung der Wälder oder der Klimawandel nix an.
– WIENER ZEITUNG

Jede lebendige Oberfläche hat ihre eigene Geografie: Die Erde und ihre Länder, Körper und Haut, Bäume und ihre Blätter. Diese Geografie schreibt sich in sie ein durch die natürlichen Prozesse des Wachsens und Alterns, die Zyklen von Werden und Vergehen, aber auch durch äußere Eingriffe, Kultivierung und Nutzbarmachung, gesellschaftliche und politische Prozesse, Krieg. All diese Prozesse manifestieren sich und machen die Verletzlichkeit der Oberflächen ebenso deutlich sichtbar wie ihre eigentliche Schutzfunktion. Wo verstecken wir uns, wenn diese nicht mehr gegeben ist? Die Natur als Zuflucht verschwindet in dem Ausmaß, in dem wir sie zerstören. Heimat ist für viele ein unbewohnbarer Ort. Durch den löchrigen Flickenteppich unserer Erde blitzt unsere eigene nackte Haut.
– RUTH CERHA

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Blattmonstranz

Blattscapes in Monstranzen und Ostensorien

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Bei der Betrachtung eines Blattes taucht jedoch die Frage auf ob es vielleicht das Blatt eines Baumes ist, der der letzte seiner Art war und das wir in künstlerisch veredelter Form künftigen Generationen aufbewahren.
WOLFGANG HUBER

Die Verehrung der Natur ist heute zeitgemäß und angebracht. Jedes einzelne Blatt ist für mich eine Art Kniefall vor der Schöpfung, gewissermaßen eine ‚Reliquie der Natur‘. Indem ich kleinformatige Blattscapes in Reliquienmonstranzen inszeniere, trete ich mit der kirchlichen Tradition der Vergangenheit in einen Dialog. Der Spannungsbogen zwischen Pantheismus und Christentum, zwischen Naturkult und Heiligenkult, zwischen Prozession und Klimademonstration ist eröffnet.
– ANGELA ANDORRER

Ist der Reliquienkult im 21. Jahrhundert noch zeitgemäß? Hat sich das Leben seit dem Mittelalter nicht so verändert, dass es neue Reliquien braucht? Wird in Zeiten des Klimawandels die bedrohte Natur selbst zur modernen Reliquie? Diese Ideen entstanden während der Arbeit an den Blattscapes.
In der Au und auf ihren Wanderungen sammelt die Künstlerin unterschiedliche Blätter, die das Ausgangsmaterial für ihre Arbeit bilden. Sie trocknet, presst und bearbeitet sie mit Acryl, Garn und Perlen. Sie veredelt die Abfall- und Zerfallsprodukte der Natur zu Kunstwerken. Diese Techniken entsprechen bis zu einem gewissen Grad den Klosterarbeiten, mit denen in der Barockzeit Reliquien eine kostbare Fassung verliehen wurde.
Doch der Respekt vor der Schönheit und dem Urzustand des Naturobjektes hat Vorrang vor der künstlerischen Verfremdung. So entstehen moderne Naturreliquien, die hier in historischen Schaugefäßen präsentiert werden. Vielleicht meinen manche, dass hier Profanes, dem das nicht zusteht, sakralisiert wird.

– WOLFGANG HUBER

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Reisende Blätter Video


Wie bei einer Diashow mit (beschaulich bis dramatisch) bewegten Bildern reihen sich die 42 Kurzvideos aneinander, wo jeweils ein „Blattscape“ eine Landschaft „anprobiert“, die ihm erstaunlich gut passt. Nicht, als wäre sie ihm ein paar Nummern zu groß. Im Hintergrund zieht der Johnsbach vorbei, die Nockberge erheben sich, streckt sich ein See gemütlich aus, auf dem Hochwechsel liegt Schnee (no na, da hat das Blatt die Künstlerin auf eine Skitour begleitet), und auf einer Fähre von Polen nach Schweden hat der Horizont dermaßen geschwankt, dass das Meer darunter garantiert seekrank geworden ist. Da war’s „so windig, dass ich Angst gehabt hab, dass es mir wegfliegt“, das Blatt. Wie ein Schmetterling.
– CLAUDIA AIGNER

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Cantus Klima

Klimademos sind die Prozessionen von heute
– Angela Andorrer

Performance

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Der CANTUS KLIMA ist ein strenger, repetitiver Sprechgesang, der sich formal zwischen katholischen Prozessionen und Klimademonstration in einem postapokalyptischen Szenario bewegt. Dabei werden besonders kleine, fragile Blattscape-Kunstwerke in Monstranzen zur Schau gestellt, die sonst nur aus dem religiösen Kontext bekannt sind, ganz nach dem Motto „Worship nature instead of old bones“. Eine gesichtslose Schamanenfigur erhebt Bittgebete, Fürbitten und Versprechungen, die das Verhalten der Menschheit gegenüber der Erde thematisieren. Andorrer bedient sich bewusst Ritualen unserer religiösen Herkunft und sieht sich darin in der Tradition der Aktionen von Herman Nitsch. Über allem schwebt der Beat des „Klima-Chant“, in den das Publikum einbezogen und zum handelnden Mitakteur wird. Versprechen und Handeln statt Anprangern.

We change our way of life to protect our children. (Refrain)

Die Aktionen werden ganz real von KlimaaktivistInnen unterstützt: Im Künstlerhaus Wien erschienen zum Beispiel rot gekleidete und auffällig geschminkte AkteurInnen knieend und betend, mit in unserer Kultur fast vollständig verschwundenen Gesten der Demut. Es handelte sich um die Red Rebels, eine Brigade der Klimaaktivisten XR Extinction Rebellion und Performance-Aktivistengruppe, die, von London ausgehend, im öffentlichen Raum und international auf die globale Umweltkrise aufmerksam macht mit eindrucksvollen, nonverbalen Prozessionen und Tableaus.

Während Andorrers Performance „Cantus Klima“ bleibt meine Aufmerksamkeit an einem Satz hängen, der über der ganzen Ausstellung wie eine fettgedruckte Überschrift stehen könnte: „We must make friends with nature, ‚cause nature makes the climate on which we depend“. Wir müssen uns mit der Natur versöhnen, denn sie ist verantwortlich für unser Klima, auf das wir alle angewiesen sind – heute mehr denn je. Freundschaft mit der Natur schließen, sie wie in „Cantus Klima“ gleichsam religiös mit Prozessionen und Litaneien um Vergebung bitten, Klimaschutz nicht nur denken sondern aktiv werden.
– MARIA C. HOLTER

Die Kunst der Gegenwart ist beherrscht von Phänomenen, die – trotz formaler Differenz – eine Gemeinsamkeit haben: sie beziehen sich auf ekstatische Kulturtechniken. Rausch, Rituale und Selbstvergessenheit haben im Augenblick eine enorme Strahlkraft.
– PAUL-PHILIPP HANSKE in: „Vague Intellectual Pleasures“

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Bienneal for Land Art Andorra

Installation: 12 bedruckte Fahnen
Standort: Lake Engolasters, Biennale für LAND ART ANDORRA 2021

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The artist takes leaves from nature, dries, preserves and works them with acrylic, yarn and glass beads. Particularly inspiring are leaves eaten away by snails, caterpillars and beetles, which become geological formations, a landscape and a legible map. When a leaf breaks in a thin place, it is sewn back together, similar to a surgical operation. Then Andorrer takes the BLATTSCAPES, like friends, on hikes and portrays them against changing scenery. By photographing the delicate artworks in the landscape, she documents how they relate to the light, weather, and surroundings. Aspects of the cinematic, being in nature and mindfulness become part of the work. With the exhibition of the GALLERY OF TRAVELING LEAVES in the landscape, a double relocalization takes place: landscape in the landscape, or microcosm in the macrocosm.

It’s not uncommon for the threads that stretch across the leaf, crossing and branching, to resemble the roads and paths of a map. Often the leaves have holes that are outlined with red paint and then look like wounds.
– ACHIM GNANN

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